Frauen(quote) in Führungspositionen
Sehr geehrter Herr Dr. Dahlems, als erstes Dax-30-Unternehmen führt die Deutsche Telekom eine Frauenquote ein. Bis Ende 2015 sollen 30 Prozent der oberen und mittleren Führungspositionen im Unternehmen mit Frauen besetzt sein. Neben der Erweiterung ihres Talentpools verspricht sich die Deutsche Telekom durch mehr Vielfalt im Management langfristig eine höhere Wertschöpfung für das Unternehmen. Herr Dr. Dahlems, wie bewerten Sie derartige Aktivitäten? substantielle Frauenförderung, competitiver Wettbewerbsvorteil oder Effekthascherei ?
Dr. Dahlems: Quoten für Frauen in Führungspositionen werden kontrovers diskutiert. Wenn man bedenkt, dass nur ca. 45 von über 1.700 Vorstandsmitgliedern deutscher Aktiengesellschaften (zahlen aus 2008) Frauen sind, und ein ähnlich geringer Anteil Frauen in den entsprechenden Aufsichtsräten vertreten sind, könnte man meinen, dass nur eine Frauenquote hier Veränderungen bewirkt. Hinzu kommt die Tatsache, dass die genannten Zahlen sich seit ca. 10 Jahren in keinster Weise verändert haben.
Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass bei einer Frauenquote auch weniger qualifizierte Besetzungen der entsprechenden Führungspositionen erfolgen würden, wenn es dann unbedingt eine Frau sein muss.
Angesichts der Stagnation in der Entwicklung von Frauen in Führungspositionen muss man letztlich wahrscheinlich eine Art „Anschub-Finanzierung“ für mehr Frauen in Erwägung ziehen, d.h. doch in irgendeiner Form eine Frauenquote einführen. Sehr wichtig wäre aber auch, neben mehr Frauen in solchen Positionen, auch eine größere Diversity in Bezug auf andere Eigenschaften wie Internationalität oder kultureller Hintergrund zu schaffen.
Große Unternehmen bekennen sich immer mehr zur Gleichstellung und haben entsprechende Leitlinien. Sind Quoten der richtige Weg um dieses Ziel zu erreichen?
Dr. Dahlems: Wie bereits gesagt, hat die Quote zwei Seiten einer Medaille. Es muss einfach noch mehr Aufklärung betrieben werden, welche Vorteile mehr Frauen in den Führungspositionen für Unternehmen hätten.
Weiblicher Führungsstil – was macht ihrer Meinung nach das weibliche Gen in der Führung aus?
Dr. Dahlems: Zunächst ist festzustellen, dass nach meiner Auffassung Frauen nicht einen typischen, weiblichen Führungsstil haben, sondern auch der Führungsstil von Frauen durchaus wie der der Männer variiert. So gibt es „weibliche“ und „männliche“ weibliche Führungskräfte.
Ich glaube, ein großer Unterschied zwischen Männern und Frauen in Bezug auf Führung ist der, dass Männer ihr Ego mehr im Herzen als auf der Zunge tragen als Frauen. Ein Mann gibt selten zu, dass er sich geirrt hat und will sich auf jeden Fall durchsetzen. Frauen sind da beweglicher und trotzdem erfolgreich. Manche behaupten auch, Frauen würden mehr Charme einsetzen als Männer und könnten deshalb bestimmte Dinge verändern. Ich glaube allerdings, dass Männer in Führungspositionen auch Charme einsetzen – auch gegenüber ihren männlichen Mitstreitern. Gerade die Top-Führungskräfte sind charismatische und mit Ausstrahlung versehene Menschen, die nicht im grauen Mainstream schwimmen.
Weiterhin streben Frauen eine bessere Work-Life-Balance an, was auch zu positiven Effekten bei der erfolgreichen Bewältigung von Problemen führen kann.
Lassen sich Kind und Karriere im Top Management heute unter einen Hut bringen?
Dr. Dahlems: Bevor Frauen im Top Management angelangt sind, sind sie meistens auch zumindest über 40 Jahre alt. Viele haben dann schon Kinder, die eine höhere Schule besuchen oder anders versorgt sind. Deshalb sehe ich darin gar kein Problem. Bei jüngeren Frauen oder Frauen, die später Kinder bekommen, lässt sich heutzutage alles organisieren und mit einer guten Bezahlung lassen sich auch entsprechende Mitarbeiter (z. B. zur Kinderbetreuung) gewinnen. Hier ist gerade bei Führungspositionen nicht unbedingt das Unternehmen gefragt, sondern die Selbstinitiative. Dies ist natürlich auf darunter liegenden Hierarchie-Ebenen anders, da hier das Einkommen oft nicht reicht, um sich solche „Abfederungen“ zu erlauben. Mit der zunehmenden öffentlichen Unterstützung der Kinderbetreuung ist hier aber auch schon vieles möglich.
In welchen Bereichen bieten sich Frauen die größten Karriere-Möglichkeiten gerade in Spitzenpositionen?
Dr. Dahlems : Ich bin fest davon überzeugt, dass Frauen in allen Unternehmensbereichen, für die sie eine entsprechende Ausbildung erworben haben, eine Bereicherung und ein Erfolgsmodell sein können. Naturgemäß sehen sich viele Frauen in den sogenannten „weicheren“ Bereichen, wie z. B. Personalwesen, Marketing, PR, Kommunikation oder Finanzen. Da wir aber immer mehr weibliche Studenten auch bei den Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften haben, kann ich mir sehr gut Frauen in Führungspositionen der Technik vorstellen. Bei General Motors / Opel Deutschland gibt es da mit Frau Rita Forst als Geschäftsführerin Engineering ein sehr gutes Beispiel.
Was sind die wesentlichen Fähigkeiten und Eigenschaften, die Frauen für Top Führungspositionen brauchen?
Dr. Dahlems : Selbstverständlich gehört dazu eine entsprechende fachliche Ausbildung und die notwendige Berufserfahrung, die auf die zu besetzende Position vorbereitet. Hier gibt es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Wichtig sind auch eine Führungsausstrahlung, ein Ernstnehmen der Mitarbeiter und eine möglichst professionelle Gestaltung der Kommunikation und des täglichen Umgangs.
Frauen für Top Führungspositionen müssen auf jeden Fall Gravitas haben, d. h. als Persönlichkeiten per se anerkannt sein in einem Kreis Gleichgestellter. Hier kann man nicht mit irgendwelchen Sperenzien Erfolge erzielen, sondern mit fundierter, klar lesbarer, ehrlicher und konstruktiver Kommunikation. Dies ist aber etwas, was ich bei immer mehr Frauen in Top-Positionen sehe, und zwar viel mehr als bei Männern.
Herr Dr. Dahlems, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Dr. Rolf Dahlems ist Senior Managing Partner Signium International.
Weitere Informationen über Signium finden Sie im
Internet: www.signium.de oder www.signium.com
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